Gedanken zur Amoralität der Seele - Antwort von Frank Schmolke
Liebe Sonja,
Du schreibst, dass Du Probleme hast mit meinen Äußerungen zur Amoralität des seelischen Bereiches. Nun sind das natürlich nicht meine Gedanken. Ich folge nur dem Auftrag, diese Lehre in die Welt zu tragen. Ich bin Dir aber dankbar, dass endlich jemand dieses zentrale Problem der neuen Lehre anspricht, worauf ich lange gewartet habe. Es ist ein Problem, das auch mich viele Jahre sehr beschäftigt hat. Deshalb habe ich vor Jahren der Quelle auch eine Frage zu diesem Thema gestellt, deren Antwort im Buch Junge Seelen, Alte Seelen auf S. 479 abgedruckt ist.
Wenn ich nun persönlich etwas dazu sagen soll, so ist das Wichtigste, dass all die Schmerzen, das Elend, die Verzweiflung, die die menschliche Existenz begleiten, wirklich kein neues Thema sind. Vielmehr hat sich auch die christliche Vergangenheit intensiv damit beschäftigt und es ist für das Verständnis wichtig, die damalige Antwort darauf hin zu betrachten, um das Neue der Quelle besser zu verstehen. Denn auch Du hast das System der Lehre sehr gut verstanden, aber hast emotionale Probleme damit, so scheint es mir, und das ist ganz natürlich.
Der Monotheismus – und das ist nicht nur das Christentum, sondern auch der Islam und das Judentum - gehen davon aus, dass es eine allmächtige transzendente Instanz gibt, die alles beherrscht. Dies ist die Religion speziell der frühen Jungen Seele. Junge Seele meint hier eine Grundenergie 3. Das bedeutet, dass der Gläubige eine kriegerische Grundenergie leben muss, und daher die Vorstellung eines königlichen allmächtigen Gegenübers tröstlich und sinnvoll findet. Dieses königliche Gegenüber muss in den Ritualen dauernd gepriesen, gelobt werden und ihm Treue geschworen werden, wie bei einem irdischen König des Mittelalters. Er wird nun so verstanden, dass er an den Gläubigen bestimmte Forderungen stellt, die besonders moralischer Natur sind. Das sind üblicherweise die 10 Gebote, die von den Juden übernommen wurden vereinfacht gesagt. Ein großes und über Jahrhunderte immer wieder diskutiertes Problem war nun die sogenannte Theodizee. Denn wenn man annimmt, dass Gott im moralischen Sinne gut ist und zugleich allmächtig, versteht man nicht, warum er so viel Unmoralisches zulässt. Er hätte nach dieser Vorstellung doch mit Leichtigkeit das Ganze anders regeln können. Hier werden irdisch menschliche Ideale von Schmerzfreiheit und transzendente Ziele, die angeblich identisch sein sollten, in eins gesetzt. Meine dürren Worte können nicht entfernt ausdrücken, wie qualvoll dieses Problem für viele Gläubige Jahrhunderte lang war. Die Lösung ist dann nämlich, dass der Mensch selber Schuld an dem Elend hat und im Grunde schlecht ist, das heißt er hat von Geburt an einen Mangel. Und um diesen Mangel, seine Sündhaftigkeit, kreisen nun alle möglichen Erklärungsversuche. Also z.B. die Vertreibung aus dem Paradies wegen unmoralischen Verhaltens. Und die Strafe für Adam ist nun, dass er im Schweiße seines Angesichts den Boden bearbeiten und Eva unter Schmerzen gebären muss. Und diese Urschuld pflanzt sich durch den Samen des Mannes – so Augustinus – automatisch durch die Generationen fort. Der Mensch wird also als ein Mangelwesen in moralischer Hinsicht verstanden, das sich unendlich Mühe geben muss, um vor Gott diesen Mangel auszugleichen und gleichzeitig nicht sicher sein kann, dass dieses Bemühen vor dem Angesicht Gottes ausreicht, um in den Himmel zu kommen oder ewige Strafen erleiden zu müssen. Und erschwerend kommt hinzu, dass man nur ein einziges Leben hat, das alles entscheidend ist. Was das emotional bedeutet kann man gut an Mozarts Requiem nachempfinden. Aber man muss auch sehen, dass die Junge Seele in der Tat äußerliche Regeln braucht, denn ihre Innenschau ist noch kaum entwickelt. Ich erkläre dies so lange, weil ein tieferes Verständnis nur entstehen kann, wenn man die geistigen Systeme versteht, die das Leidproblem zu bewältigen versuchen. Die häufige moderne Ablehnung einzelner dieser Aspekte – z.B. der Paradieserzählung - ist nicht ausreichend, um tiefer zu verstehen. Zu bedenken ist auch noch Folgendes: Der Mensch hat einen Verstand, der dauernd Warum fragt und nach Erklärungen verlangt. Und meine Beobachtung ist, dass in der Not vor allem irgendeine Erklärung besser ist, als keine, weil sie die Angst besänftigt.
Zudem schafft diese moralisierende Vergangenheit heute ein tiefe Unklarheit. Denn um unsere Situation zu verstehen, muss man die Gesetze des seelischen von denen des körperlichen Bereichs trennen. Beide folgen dem Gesetz der Entwicklung. Nur benötigt eine menschliche Gesellschaft für ihre Entwicklung sich jeweils wandelnde Vorstellung von Moral. Die eine Gesellschaft erlaubt Abtreibung, die andere die wie Polen oder manche Bundesstaaten der USA z.B. die eine größere Zahl früher junger Seelen hat, lehnt das ab. Beobachte z.B. Kinder, die ein neues Spiel entwerfen: Sofort werden dazu Regeln entworfen was man darf und was nicht und wie die Strafen dafür aussehen, wenn man gegen die Regeln verstößt. Ein sinnvolles Zusammenleben ist auch nur so vorstellbar. Allerdings gilt dies nicht für den seelischen Bereich. Die Quelle drückt das so aus: Gott ist weder gut noch böse. Moralische Kriterien gelten im seelischen Bereich nicht. Und viele Menschen finden das erst einmal gut, weil sie moralische Vorstellung als einengend begreifen, bis sie verstehen, dass damit auch ein die Transzendenz scheinbar sinnhaft beschreibendes Element und eine damit verbundene Sicherheitsvorstellung wegfällt und das ist dann vielleicht doch noch etwas anderes. Die Prägung durch das Christentum ist immer noch stärker als es vielen auffällt, vor allem was die Transzendenz angeht, obwohl sie vielleicht abgelehnt wird. Wir befinden uns in einem Übergangsstadium, das automatisch eine Verunsicherung aber auch neue Möglichkeiten zur Folge hat. Die Verunsicherung über den Verlust eines transzendenten Erklärungssystems hat tiefe Ängste und Ersatzlösungen zur Folge. Im Moment herrscht in manchen Ländern des Westens eine Ersatzreligion, die aus überhöhten Moralischen Forderungen besteht. Da werden Straßenschilder umbenannt und Namen ersetzt durch moralisch höherwertige Personen, da werden in alten Büchern die unmoralischen Bezeichnungen wie Nigger ersetzt, da werden Menschen, die nicht das moralisch korrekte über die Nazizeit oder den Kolonialismus sagen, durch kollektiven Druck der „Gerechten“ aus ihren Ämtern entfernt usw. Dahinter ist eine Not, ein verzweifelter und angstvoller Versuch ein System zu schaffen, das geistigen und spirituellen Halt gibt. Nur Moral kann das nicht leisten. Es wird Jahrhunderte in unserem Bereich des Planeten dauern, bis sich eine neue Form des Transzendenzverstehens, das der Energie 4 folgt, durchsetzen wird. Das ist normal. Der letzte große Übergang vom Polytheismus zur Zeit Jesu bis zur Durchsetzung des Monotheismus im Mittelmeerraum hat auch über 300 Jahre gedauert.
Wenn man nun die Matrix zu Hilfe nimmt und sich genauer mit der Energie 3 beschäftigt, fällt einem nicht nur der Krieger ein, sondern auch das Entwicklungsziel 3, die Unterordnung, mit den Polen Unterwerfung und Hingabe. Nun hat Joseph Ratzinger, der Papst Benedikt der XVI. und ein allgemein hoch geachteter Theologe war und den auch Varda und ich besonders schätzen, eine einfache und absolut zentrale Aussage über den Kern des Monotheismus gesagt. Die Regeln der Religion sind nicht dazu da, den Menschen zur Unterwerfung zu zwingen, sondern ihn zur Hingabe an die Transzendenz zu bringen. Das deckt sich genau mit unseren Vorstellungen von Energie 3. Ob es dem Einzelnen nun gelingt, dabei in den positiven Pol der Hingabe zu kommen, liegt nicht fest. Aber die Erfahrung der Energie 3 wird auf jeden Fall gemacht und ist der Grund der Sinnhaftigkeit für eine Seele oder ein Kollektiv in diesem Entwicklungszustand. Denn Hingabe ist etwas überwältigend Zufriedenstellendes, ganz besonders für den Krieger, wenn er denn ein Ziel findet, dem er sich positiv hingeben kann. Und das ist in Therapien für Krieger ein zentrales Problem, an dem man sehen kann, das dies keine leere Theorie ist. Ein Krieger, der sich ungeeigneten Zielen hingibt wird trotz großem Einsatz nicht glücklich und versteht nicht warum. Er kommt nämlich so nicht in die ersehnte Hingabe. Ich kann hier leider nicht weiter darauf eingehen. Aber eins noch. Wenn in unseren Aufstellungen der Seelenrollen in Archetypen 1 kein König war, haben die Krieger richtig das Jammern angefangen und gefragt, ob denn wenigstens nächstes Mal ein König dabei sein würde. Dies beschreibt in einfacher Art, wie sehr sich 3 nach der Energie 7 sehnt, denn 7 kann die Ziele vorgeben, die 3 so gerne finden möchte, um in die ersehnte Hingabe zu kommen. Bitte verstehe, dass dies ein Problem ist, zu dem man noch vieles sagen könnte und müsste, um es besser zu begreifen. Das geht hier aber aus praktischen Gründen nicht.
Was hat das nun mit uns zu tun? Das Elend ist geblieben, aber es wird eine andere Erklärung angeboten. Dazu ein Beispiel: in der Sendung Scobel wurde ein Pastor gefragt, was die Kirche denn zu dem Thema Pandemie zu sagen habe. Und der Betreffende hat sehr ehrlich geantwortet: Früher hätte man gesagt, dass die Menschen diese Strafe von Gott wegen ihrer Sündhaftigkeit erhalten hätten und er fügte hinzu, heute würde das nicht mehr ankommen bei den Gläubigen. Und das ist der entscheidende Faktor. Das Seelenalter in unserm Land ist so stark gestiegen, dass die Energie 3 und ihre logischen Konsequenzen als nicht mehr sinnvolle Erklärung verstanden werden. Viele, nicht alle Menschen, wollen sich nicht eine Sündhaftigkeit einreden lasse, die sie nicht verstehen und nicht empfinden. Dies ist seelisch gesehen weder gut noch schlecht, sondern eine Konsequenz des Grundgesetzes der Entwicklung. Und da der Monotheismus auch noch eine kriegerische Vorstellung von Missionierung hat und totale Unterordnung verlangt, erscheint dies vielen mehr als eine Zumutung als eine Hilfe. Und sie bauen eine starke Ablehnung wegen dieses kriegerischen Druckes auf. Aber die Konsequenz ist interessanterweise nicht, dass man nicht nur diese Theorie der Transzendenz ablehnt, sondern speziell bei späten Jungen Seelen die Vorstellung von Transzendenz an sich grundsätzlich ablehnt, was nicht automatisch dasselbe ist. Andere, reife Seelen der ersten Stufen müssen sich nun so als Quelle zur Selbstfindung mit der herkömmlichen Religion auseinandersetzen, um zu einer reifen, d.h. individuell empfundenen Einstellung zur Transzendenz über viele Inkarnationen hinweg zu kommen. Erst ab Reif 6 wird die Lage klarer. Der Grund dafür ist und ich zitiere die Quelle: Ab Reif 6 kann ein Mensch die Innenwahrnehmung, dass Transzendenz etwas Reales ist, nicht mehr zurückweisen. Die Formulierung ist sehr präzise und sagt nicht, dass jüngere Seelen kein Transzendenzwahrnehmung haben können. Die seelisch jüngsten Teilnehmer unserer Gruppen waren über 30 Jahre hin immer Seelen der Stufe Reif 6. Wir haben das nicht gesteuert, es hat sich ganz von selbst ergeben. Und daher ist diese neue Sehweise auch erst für ältere Seelen hilfreich. Aber ich möchte auch erwähnen, dass die Quelle gesagt hat, dass viele jüngere Seelen in Deutschland sich wohler fühlen würden, wenn sie das christliche Glaubenssystem noch anerkennen und ausüben würden.
In dieser Situation möchte ich mit der Quelle sagen, ist es für ältere Seelen ein Gebot der Liebe, Früheres nicht einfach abzulehnen als angeblich falsch. Es gibt bei Religionen kein falsch oder richtig. Es gibt nur das Problem, ob die angebotene Sehweise eine tröstliche und sinnstiftende Funktion für den Einzelnen oder das Kollektiv hat. Jedenfalls von außen gesehen. Für den Gläubigen ist das anders. Aber ab Reif 6, einer priesterlich-reifen Energie, ist es auch möglich, diese Zusammenhänge zu verstehen, statt sie einfach als falsch zu verurteilen. Was für mich falsch ist, muss es nicht automatisch auch für andere sein. Das ist eine Herausforderung der Liebe für ältere Seelen. Denn die existenzielle Not zu bewältigen und eine Sinnhaftigkeit empfinden zu wollen gilt für alle Menschen, nur die mentalen Konstrukte müssen zu dem seelischen Entwicklungszustand passen, um eine Funktion zu erfüllen. Und hier greift die Quelle ein und bietet eine neue und wie mir scheint tiefere Anschauung, die dennoch nicht die absolute Wahrheit an sich sein kann, sondern möglicherweise für ältere Seelen tröstend und sinnstiftend ist. Aber bevor das eintreten kann, muss die Frage geklärt werden, was ich denn nun von dem Leid, der Ungerechtigkeit, dem Elend, der Verzweiflung der Menschen und meiner selbst halten soll. Uns das war hier ja die zentrale Frage.
Das Problem bei der im Grunde logisch einfachen Antwort ist nun, dass sie nicht schwer verständlich ist, nein keineswegs. Sie hat aber emotionale Konsequenzen, die nicht mal so eben zu bewältigen sind. Das Leid ist also unverschämterweise geradezu geplant und wünschenswert und dem zentralen Begriff der Entwicklung, die ja alles beherrschend ist und sozusagen an die Stelle der Moral getreten ist wenn man so will, untergeordnet. Das kann einen aufregen und wütend machen. Das ist völlig in Ordnung, denn die neue Lehre ist nicht von einer Grundenergie 3 getragen, die kriegerische Forderungen stellt, sondern von einer Energie 4, die nüchtern neutral die Gesetzmäßigkeiten der Existenz verstehen möchte. Das geht aber nicht mal so eben nebenbei, sondern ist ein längerer Entwicklungsweg, den es zu akzeptieren gilt. Niemand wird verurteilt oder ist ein schlechter Mensch, wenn er diese Sehweise ablehnt. Das ist die neutrale 4. Aber wenn die Alternative Monotheismus einfach ohne Ersatz wegfällt, bleibt dann ein riesiges, existenzielles Verzweiflungsloch, das von vielen aus verschiedenen Gründen nicht einmal wahrgenommen wird. Also mag man für sich überprüfen - und das darf viel Zeit haben - ob diese neue Sehweise eine Hilfe sein könnte. Sie ist aber auch eine emotionale Herausforderung und das ist gut so, denn an Herausforderungen wachsen wir.
Das neue Weltbild, um es noch einmal kurz zu sagen, geht von folgender Grundannahme aus. Die Quelle sagt dazu: Was ihr Gott nennt nennen wir den Geist. Der Geist ist es, der alles erschafft. Und dieser allumfassende Geist, der weit jenseits menschlichen Verständnisses ist, hat die Welten der Seele erschaffen, nachzulesen in unserem ersten Buch mit eben diesem Titel. Diese Welten sind in einer unglaublich präzisen Weise strukturiert, die Systeme beinhaltet, die sich selber steuern. Seele besteht nur aus einer Energieform, die sich entwickeln will und zu diesem Zweck wurde ein geeignetes Säugetier ausgewählt, das eine menschliche Seele beherbergen und entwickeln kann. Wir existieren in dieser uns bekannten Form nur, weil Seelen unserer Art einen Körper benötigen, um eine seelische Entwicklung durchführen zu können. Und daher ist es von zentraler Bedeutung für die ältere Seele, sich einmal mit der Idee eines absoluten Entwicklungsbedürfnisses der Seele vertraut zu machen und vor allem die Gesetzmäßigkeiten von Entwicklung im Körper und in der Seele immer tiefer zu verstehen, statt über die Situation, die wir hier und jetzt vorfinden zu jammern, sie nicht haben zu wollen und Ideen von astralen Friedensvorstellungen nachzuhängen und daran zu leiden, dass auf Erden keine astralen Bedingungen herrschen. Das wäre aber sinnlos, denn im astralen Ruheraum geschieht keine Entwicklung und eine astrale Welt steht uns schon zur Verfügung nachts und zwischen den Leben. Eine astral-friedliche Welt auf Erden wäre nicht nur sinnlos, sondern widerspräche allen Forderungen, die das Gesetz der Entwicklung an uns stellen muss, um das gewünschte Ziel einer Steigerung der Liebes- und Erkenntnisfähigkeit durch die Inkarnationen zu bewerkstelligen. Leid ist nun ein ganz wesentlicher Entwicklungsfaktor. Das weiß jeder, der einmal eine leidvolle Situation durchgestanden und bewältigt hat, denn man merkt danach, dass man seine Einstellung zur Welt und Wirklichkeit geändert hat. Diese Aussage ist durchaus durch die Wirklichkeit unseres Erlebens überprüfbar. Also ist es von zentraler Bedeutung, nicht nur eine Theorie zur Kenntnis zu nehmen, die einem sinnvoll erscheint, sondern auch die emotionalen Veränderungen und Herausforderungen ins Blickfeld zu nehmen, die damit verbunden sind. Und die Erfahrung sagt uns, dass das Denken schneller funktioniert als das Fühlen und das hat einen Sinn. Niemand fordert etwas zu glauben. Man hat alle Zeit der Welt, diese neue Sehweise in Geist und Gemüt hin- und herzubewegen, bis sich vielleicht eine neue Klarheit einstellt. Das Problem bei mir war jedenfalls, dass das Elend in der Welt mir jahrelang sehr zugesetzt hat.
Und da hilft die Trennung der Quelle zwischen Mitleid und Mitgefühl. Mitleid macht auch dem Helfer Leid. Mitgefühl hält eine Distanz aufrecht, ohne die Nähe aufzugeben. Die Entwicklung von Mitgefühl in diesem Sinne ist ein Aspekt des Lernens von Liebe, was nicht wie im Christentum nur die Liebe zum anderen ist, sondern genauso die Liebe zu sich selbst. Das war in unseren Gruppen immer ein zentrales Thema. Aber das muss eine ältere Seele letztlich für sich selber herausfinden. Liebe ist nicht ein Tun, wie die Junge Seele das meint, sondern vielmehr ein momentaner Schwingungszustand der eigenen Existenz und dieser Schwingungszustand trennt nicht zwischen Liebe zu anderen und Liebe zu sich selbst, sondern folgt natürlich seinen Liebesimpulsen. Und noch eins: Ja, die Junge Seele ordnet sich unter, um sich zu entwickeln. Es wird aber häufig vergessen, dass die Alte Seele sich zunehmend auch unterordnet, zwar keiner äußeren, aber einer inneren Instanz, die letztlich viel absoluter ist als ein von außen geforderter Glaube, dem man auch nur äußerlich folgen kann. Das geht für die Alte Seele nicht mehr. Die Forderungen der Liebe und der eigenen Seele und Seelenfamilie werden mit zunehmendem Seelenalter immer stärker und dringlicher und es gibt letztlich keine Möglichkeit, dem auszuweichen. Dies ist ein langer, einsamer und nicht immer leichter Weg. Er hat aber ein überwältigend lohnendes Ziel, das jeder erreichen wird, gerade weil letztlich die seelische Dimension steuert und nicht das Ich.
Nun beschäftigt Dich, liebe Sonja, besonders, ob denn Deine Seele gar kein Mitgefühl mit Deinem Leid hat. Ich kann nur eine persönliche „Lösung“ für dieses Problem vorschlagen: Erweitere Deine Vorstellung von dem, was Du Liebe nennst. Noch mal rein logisch: Wenn das Ziel unseres Entwicklungsweges – wie übrigens das Ziel aller beseelten Kreaturen – eine Steigerung von Liebe und Erkenntnis ist, dann geschieht das Handeln der Seele nach dem Prinzip dieser Steigerung, und das ist Entwicklung durch Erfahrung im Körper. Die Seele handelt aus einem grundsätzlichen Bedürfnis nach mehr Liebe. Daher bist Du gefragt, ob Du bereit bist, Deine Liebesvorstellung ein wenig auszuweiten und den Faktor Entwicklung in Deine Überlegungen einzubeziehen. Daher habe ich persönlich es mir zum Prinzip gemacht, Unangenehmes möglichst wenig zu betrauern und stattdessen mich zu fragen: Welches Entwicklungspotential steckt in dieser neuen Erfahrung? In wieweit hilft es meiner Entwicklung zu mehr Liebe und Erkenntnis? Dazu ein Beispiel. Ein Mensch, der Dir nahestand, ist gestorben. Trauer ist eine notwendige und heilsame Erfahrung in diesem Fall. Aber die Quelle sagt auch: Wenn eine Trauer länger als ein Jahr dauert, ist es keine Trauer mehr, sondern etwas anderes. Was anderes fragst Du? Das beantwortet Deine Angststruktur. Der Hochmütige ist noch lange verletzt, der Starrsinnige empört über diese Veränderung etc.etc. Den schmerzenden Vorfall kannst Du nicht kontrollieren, wohl aber in einem gewissen Umfang Deine Reaktion darauf. Dies ist eine Freiheit des Menschen, die vielen nicht bewusst ist. Allerdings gehört dazu erstens eine gewisse Bewusstheit, die sich seelisch erst spät einstellt und eine Bereitschaft, Deine Ängste wahrzunehmen und besser zu verstehen. Bewusstheit, Ehrlichkeit Dir selbst gegenüber und die sinnvolle Beschäftigung mit Deiner Angststruktur können helfen. Bedenke bitte, dass diese neue Sehweise für ältere Seelen bestimmt ist und daher erstens nicht einfach mal so von jedem verlangt werden kann und zweitens eine angemessene Herausforderung für jemand mit einem fortgeschrittenen Seelenalter ist. Diese Dinge muss man im systemischen Zusammenhang betrachten, damit sich eine mögliche Klarheit ergibt.
Zuletzt noch ein Wort der Quelle: Verändere dich selbst und die Welt verändert sich von selbst. Sie bezeichnen diese Aussage als ein Grundgesetz unserer Existenz. Wer mag kann darüber einmal meditieren.
Herzliche Grüße Frank Schmolke