
„Truria“ - Was ist Wahrheit?
Mein Ausgangspunkt ist die Seite 316 des Buches „Die Seelenfamilie“. Dort steht: „Die Aufgabe von Truria, Vardas Seelenfamilie (…) lautet: Subjektive Wahrheiten so verkünden, als seien sie objektiv, im vollen Bewusstsein davon, dass sie subjektiv sind.“ Ist die Seelenlehre „nur“ eine subjektive Wahrheit? Und damit am Ende gar nicht wahr? Könnte man eine solche Lehre frei erfinden?
Die Antworten finden sich noch auf derselben Seite:
„Es gibt gewiss eine Wahrheit, die absolut und umfassend ist, doch keinem Menschen wird sie jemals zugänglich sein. Auch wir, die wir hier sprechen (die Quelle), kennen sie nicht.“ „... objektive Wahrheit kann nur geäußert werden, wenn man sie im Augenblick der Äußerung für objektiv hält und dennoch weiß, dass sie nur ein winziger zeitgebundener, ortsgebundener und personengebundener Bruchteil einer umfassenden Wahrheit und somit wieder subjektiv ist“.
Es gilt also, zwischen subjektiver und objektiver Wahrheit zu unterscheiden. Die absolute und umfassende Wahrheit ist sowieso keinem Menschen zugänglich. Die Teile der Wahrheit, die er erfassen kann, sind subjektiv – immer aus Sicht dieses Menschen, oder aus Sicht einer Seelenfamilie oder anderer Teile des Allganzen, von denen keins das gesamte Allganze sehen/erkennen/verstehen kann.
Folgendes Zitat der Quelle steht auf der Startseite dieser Webseite ganz oben rechts:
„Die Wahrheit besteht nicht aus Systemen. Auch die Wahrheit, die wir beschreiben, benutzt eine Systematik nur, um euch Anhaltspunkte zu geben. Sie ist nicht diese Systematik selbst. Sie ist viel mehr.“
In dieser Aussage könnte die Antwort stecken auf (m)eine ketzerische Frage „Könnte die Seelenlehre frei erfunden sein?“ (bei meinem Seelenalter Alt 1, als Ablehner und Idealist habe ich mein Leben lang alles fundamental in Frage gestellt): Frei erfunden ist sie sicherlich nicht. Sie ist eine Erklärung anhand einer Systematik; eine Erklärung für unser Erleben und Verhalten. Eine solche Erklärung für (mein) Verhalten – warum ich eine ketzerische Frage stelle – habe ich als Beispiel eingeklammert in diesen Absatz eingebaut.
Dennoch suchen oder streben viele Menschen nach „objektiver“ Wahrheit. Ist damit vielleicht eher die Suche nach subjektiver Erkenntnis gemeint? Könnte das eine gängige, weit verbreitete Verwechslung sein?
„Glaubensfragen“ gehören zur seelischen Entwicklung. Dazu gehört auch der Glaube, „die“ oder „eine“ „Wahrheit“ zu kennen.
Was ist Wahrheit überhaupt?
Eine mögliche Definition lautet: „Übereinstimmung einer Aussage mit der Außenwelt“ (1). Die Einfachheit dieser Definition finde ich zwar anziehend, aber in mir regt sich gleich Widerstand. Wer will denn die Wahrheit (in) der Außenwelt bestimmen? Sogar die materialistische Naturwissenschaft sagt schon lange, ein Gehirn simuliere die Außenwelt in sich. Im Gehirn entstehen Bilder von einer Außenwelt, wie sie „draußen“ gar nicht aussieht. Zwar halte ich es für wahrscheinlich, daß verschiedene Menschen ähnliche Bilder und Wahrnehmungen von der Außenwelt haben, weil ihre Gehirne gleich auf- und ausgebaut sind. Aber schon ein Hund sieht die Welt anders. Ein spezialisierter Schäferhund, wie z. B. ein Bordercollie, sieht eine Schafherde ganz anders als ein Mensch. Er sieht die Schafe quasi in Zeitlupe, wie ich in einer Simulation in einer Fernsehsendung sah. Das ist der Grund, warum wenige dieser flinken Hunde eine ganze Schafherde hüten oder in die richtige Richtung treiben können. Oder liegt es daran, daß die Bewegungen des Hundes im Verhältnis zu denen des Schafes viel schneller sind als die eines Menschen im Verhältnis zum Schaf? Liegt es daran, daß ein solcher Hund sich viel schneller bewegen kann als jeder Mensch? „Sieht“ er deswegen etwas „anderes“? Ist die „Wahrheit in der Außenwelt“ nicht oft eine Frage des Verhältnisses zwischen Wahrnehmer und Wahrgenommenem? Die „Wahrheit in der Außenwelt“ ist vielleicht wirklich immer dieselbe, dennoch sieht kein lebendes Wesen dasselbe in demselben.
Vielleicht ist es dasselbe Prinzip wie in der Physik: Die Lichtgeschwindigkeit ist, unabhängig vom Beobachter, immer gleich – nur: nicht gleich sind die Bezugssysteme der jeweiligen Beobachter. Bezugssystem = „Inertialsystem“ = Koordinatensystem, das sich geradlinig mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Ein Bekannter von mir stellte die These auf, daß keine 2 Beobachter sich jemals im selben Inertialsystem befänden.
Wahrheit findet man vielleicht in der Mathematik. Sie gilt als Sprache der Natur und der Wissenschaft. 2 + 2 = 4 ist wahr. 2 + 2 = 5 ist unwahr. Damit kann man in den Naturwissenschaften viele „Wahrheiten“ „beweisen“. Auch in der Seelenlehre steckt Mathematik, ähnlich wie im Aufbau von Lebewesen (siehe „Die Seelenfamilie S. 365). Wir haben z. B. die 7 kosmischen Grundenergien und die 4 Gesetze der Lebendigkeit. Daraus ergeben sich sehr viele Kombinationsmöglichkeiten, ähnlich wie aus den 4 „Buchstaben“ (A,C,T,G) der DNA, aus denen sich fast unendlich viele Lebensformen entwickeln lassen.
Das Gegenteil der Wahrheit ist die Unwahrheit. Wird eine unwahre Aussage absichtlich als „wahr“ hingestellt, so ist es eine Lüge. Geschieht dies unabsichtlich oder glaubt man eine Unwahrheit, dann ist es ein Irrtum (1). Übrigens weiß man aus der Tierverhaltensforschung, wie auch Tiere andere Tiere gezielt täuschen können.
Um dem Wesen von „Wahrheit“ näher zu kommen, finde ich es interessant, das Synonym-Wörterbuch zu befragen. Dort steht: „Wirklichkeit, Tatsache, Tatsächlichkeit, Realität, Richtigkeit, Gewissheit.“ Das sind also andere Wörter für „Wahrheit“.
Die Wörter „Wirklichkeit“ und „Realität“ wurden von der Seelenlehre differenziert und definiert. Demnach ist die Realität alles außer Wirklichkeit, und die Wirklichkeit ist die materielle Welt.
Ich möchte nun einen Ausflug zu den großen Philosophen und deren Ansichten über „Wahrheit“ machen. Die Übersetzung von „Philosoph“ bedeutet „Liebhaber der Weisheit“, nicht „der Wahrheit“. (2)
Die Seelenlehre unterscheidet zwischen Wahrheit und Weisheit. In „Junge Seelen / Alte Seelen“ gibt es auf den Seiten 413/414 Aussagen dazu. Ein Beispiel: „Weisheit bedeutet, dem anderen Recht zu geben, ohne sich zu verleugnen, eben weil der andere es vielleicht im Augenblick braucht.“ -
Sokrates glaubte, alle Menschen könnten philosophische Wahrheiten einsehen, wenn sie nur ihre Vernunft gebrauchten. Descartes wollte die mathematische Methode auch auf die philosophische Reflexion anwenden, sie also mit der Vernunft beweisen. (279; alle Seitenangaben in diesem Absatz beziehen sich auf das Buch „Sofies Welt“.) Er meinte, der Zweifel sei das Einzige, dessen er sich sicher sein könne und kam zu dem Schluß: „Ich denke, also bin ich“. Descartes gehörte wie Spinoza und Leibniz zu den Vertretern des Rationalismus. Der Gegensatz dazu ist der Empirismus, der besagt, ohne sinnliche Erfahrungen hätten wir gar keine Bewußtseinsinhalte. Vertreter des Empirismus waren Locke, Berkeley und Hume (307). Hume respektierte nur das als Wahrheit, worüber er sichere Sinneserfahrungen hatte (322). Niels Bohr sagte einmal, es gebe zwei Arten von Wahrheiten, und zwar die oberflächlichen, deren Gegensatz einwandfrei unrichtig sei, aber auch die tiefen, deren Gegensatz genauso richtig sei wie sie selber. Als Beispiel für die letztere Art von Wahrheit wird genannt: „Das Leben ist kurz“ und „das Leben ist lang“ - also subjektive Einschätzungen oder subjektive Wahrheit. Objektive Wahrheit wäre demnach das Mathematische. Interessant finde ich, wenn Niels Bohr die objektive Wahrheit oberflächlich fand und die subjektive „tief“ (434). Sehr interessant im Zusammenhang mit der Seelenlehre ist, wie der 1813 geborene Sören Kierkegaard dachte. „Wichtiger als Suche nach der einen WAHRHEIT in Großbuchstaben war Kierkegaard die Suche nach den Wahrheiten, die für das Leben des Einzelnen wichtig sind. (…) (446). „Eine allgemeingültige Beschreibung der menschlichen Natur oder des menschlichen „Wesens“ ist für Kierkegaard völlig uninteressant. Wesentlich ist die Existenz des Einzelnen. Und der Mensch erlebt seine eigene Existenz nicht hinter einem Schreibtisch. Erst wenn wir Menschen handeln – und vor allem wenn wir eine wichtige Wahl treffen -, verhalten wir uns zu unserer eigenen Existenz. (...)“ (447). Und dann noch Karl Marx: „... (Marx) selber wollte beweisen, dass die Veränderungen der materiellen Lebensbedingungen für die Geschichte ausschlaggebend sind. Nicht die geistigen Voraussetzungen in einer Gesellschaft führten zu materiellen Veränderungen, meinte er, sondern genau umgekehrt: die materiellen Verhältnisse bestimmten in letzter Konsequenz auch die geistigen. (…) (463). „Die materiellen, ökonomischen und sozialen Verhältnisse in einer Gesellschaft bezeichnete Marx als dessen Basis. Die Art und Weise, wie in einer Gesellschaft gedacht wird, ihre politischen Institutionen, ihre Gesetze und nicht zuletzt ihre Religionen, Moral, Kunst, Philosophie und Wissenschaft nannte Marx ihren Überbau.“ (464).
Wer alle wichtigen Philosophen und Philosophien kennenlernen will, findet sie in diesem Buch „Sofies Welt“ gut verständlich beschrieben.
Sind die „Wahrheiten“ von Kierkegaard und Marx sich gegenseitig ausschließend, oder ergänzen sie sich? Ich glaube, die Erkenntnisse von Marx sind richtig. Aber Kierkegaard hat deswegen nicht unrecht.
Die These von Basis und Überbau läßt sich schwerlich mit der Seelenlehre vereinbaren, denn laut Seelenlehre bestimmen die menschlichen Seelen und nicht die ökonomischen Verhältnisse, was in den menschlichen Gesellschaften geschieht. Dennoch glaube ich, beides stimmt. Es sind nur sehr unterschiedliche Blickwinkel.
Die Marx´sche Religionskritik läßt sich schwer mit dem Blick der Seelenlehre auf die Religionen vereinbaren. Doch es gibt eine Gemeinsamkeit: Religionen werden bloß als Mittel zum Zweck gesehen, nicht als absolute Wahrheit bzw. absolute Lüge (Marxisten glauben, Religionen seien ein Herrschafts- und Unterdrückungsinstrument). Daß die monotheistischen Religionen von ihren überzeugten Anhängern als absolute Wahrheiten gesehen werden, für die sie im Extremfall sogar töten oder sterben, liegt ja an der Energie 3, die so verwirklicht wird.
Frank Schmolke bereichert jetzt die Seelenakademie mit neuen Beiträgen in „Franks Corner“. Dafür danke ich ihm.
Er betont immer wieder die Wichtigkeit der monotheistischen Religionen für viele Menschenseelen. Das ist natürlich richtig. Ich möchte jedoch die Wichtigkeit des materialistisch-atheistischen „Glaubens“ für einen Teil der Menschenseelen hinzugefügt wissen, der, wenn ich mich recht erinnere, besonders von späten Reifen Seelen gelebt wird und für den diese auch kämpfen. Viele Menschen profitieren von den Segnungen dessen, was aus diesem Weltbild hervorgeht, nämlich Wissenschaft und Technik, Gesundheitsversorgung, umfassende Lebensmittelversorgung usw., aber auch die Verwirklichung von Menschen- und Bürgerrechten (Französische und Russische Revolution, 1789 und 1917).
Um zurückzukommen zur Seelenlehre und der Frage der „Wahrheit“ möchte ich nun aus dem Roman „Der Name der Rose“ von Umberto Eco zitieren (3).
Nur kurz für diejenigen, die dieses Werk, das kürzlich neu verfilmt wurde, nicht kennen: die Geschichte spielt in einer italienischen Abtei des 14. Jahrhunderts. Vor dem Hintergrund unheimlicher Todesfälle werden die Verhältnisse und diversen Ansichten, die es in der damaligen Gesellschaft gab, ausführlich diskutiert. Am Ende des Romans wird „Die größte Bibliothek der Christenheit“ durch Feuer zerstört, und zwar infolge der Konflikte der Mönche über Fragen von Moral, Macht und Wahrheit.
Ich zitiere einen Auszug aus einem Gespräch am Ende der Geschichte. Es spricht der gelehrte Franziskanermönch William von Baskerville zu seinem jugendlichen Adlatus Adson. Der in dem Zitat erwähnte „Jorge“ spielt eine wichtige Rolle in der Geschichte:
„Ich spreche von Jorge. In jenem entstellten, vom Haß auf die Philosophie verzerrten Antlitz sah ich zum ersten Mal die Züge des Antichrist... Der Antichrist entspringt eher aus Frömmigkeit selbst, aus der fanatischen Liebe zu Gott oder zur Wahrheit, so wie der Häretiker aus dem Heiligen und der Besessene aus dem Seher entspringen. Fürchte die Wahrheitspropheten, Adson, und fürchte vor allem jene, die bereit sind, für die Wahrheit zu sterben: Gewöhnlich lassen sie viele andere mit sich sterben, oft bereits vor sich, manchmal für sich. Jorge hat ein teuflisches Werk vollbracht, weil er seine Wahrheit so blindwütig liebte, daß er alles wagte, um die Lüge zu vernichten. Jorge fürchtete jenes zweite Buch des Aristoteles, weil es vielleicht wirklich lehrte, das Antlitz jeder Wahrheit zu entstellen, damit wir nicht zu Sklaven unserer Einbildung werden. Vielleicht gibt es am Ende nur eins zu tun, wenn man die Menschen liebt: sie über die Wahrheit zum Lachen bringen, die Wahrheit zum Lachen bringen, denn die einzige Wahrheit heißt, sich von der krankhaften Leidenschaft für die Wahrheit zu befreien.“ (S. 624 in meiner Ausgabe des Romans)
Meine Meinung: Nicht die Wahrheitssuche an sich ist schlecht, und schon gar nicht das Streben nach Erkenntnis, sondern „die krankhafte Leidenschaft für die Wahrheit“, die dazu führt, anderen mit Gewalt die eigene „Wahrheit“ aufzuzwingen. Das ist für mich eine weitere gute Nachricht hinsichtlich der Seelenlehre: Sie kann nicht so werden wie die monotheistischen Religionen mit ihren finsteren und Leid bringenden Seiten. Die unverfälschte Seelenlehre kann keine Religion werden, die Andersdenkende verfolgt.
Frank Schmolke sagt in seinem neuen Beitrag „Psyche – eine Einleitung“:
„Die Quelle sagte einmal zu mir: Die Seele ist an objektiver Wahrheit nicht interessiert.(...)“ (4) (Bitte den ganzen Beitrag hören oder lesen, um auch den Zusammenhang, aus dem dieser Satz nun herausgerissen hier steht, zu erfassen; ich finde den Satz aber so passend zu meiner These). Die Seele ist nicht an objektiver Wahrheit interessiert – aber die Seelenlehre erklärt, wie und warum es zu den vielen verschiedenen „Wahrheiten“ (Ansichten / Auffassungen) in der Menschheit kommt.
Die Aufgabe von Franks Seelenfamilie wird in dem Buch „Die Seelenfamilie“ ab S. 314 beschrieben (bitte nachlesen, es lohnt sich). S. 355 erfährt man:
„Die Seelenfamilien von Varda und Frank gehören zur Sippe der Illusionisten. Diese Sippe ist Teil eines Stammes, der sich mit einem Thema der Energie 2 befasst. Sie widmet sich einer Forschung zum Thema Menschsein und Erkenntnis.“
S. 320 steht, das Thema dieser Sippe sei „Die Fähigkeit des Menschen, zwischen Illusion und Wahrheit unterscheiden zu können.“ Eine Sippe besteht aus 7 Seelenfamilien. Die Aufgabe von Franks Seelenfamilie ist „Wahrheitsgehalt von Traditionen in geistiges Neuland einbringen“, die von Vardas Seelenfamilie habe ich am Anfang dieses Textes genannt.
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Aus „Ahrimans VolksEnzyklopädie“ (www.avenz.de)
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Anhand des Buches „Sofies Welt“ von Jostein Gaarder
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„Der Name der Rose“, Umberto Eco, Roman
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https://seelenakademie.org/de/seelenakademie-leben/franks-corner/psyche-1/
Anmerkung: Da ich zur alten Rechtschreibung, soweit ich sie beherrsche, zurückgekehrt bin, werden dieselben Wörter in Zitaten manchmal anders geschrieben als in meinem selbst verfaßten Text. Das betrifft überwiegend die Verwendung von „ss“ oder „ß“.