Von Doris Harmening

Mein ewiger Freund
Vor knapp 20 Jahren war ich für 3 Monate bei einem Heiler in Brasilien. Menschen aus aller Welt kamen dort für Tage, Wochen oder Monate zusammen, meditierten gemeinsam in einem Meditationszentrum und hofften auf Heilung in für sie wesentlichen Lebensbereichen.
So auch Ross aus Melbourne/Australien, der schon mit Ende 30 schwer an Parkinson erkrankt war und nichts unversucht lassen wollte.
Als ich Ross kennenlernte, hoffte er nach wie vor auf Heilung auch in körperlicher Hinsicht, obwohl er bereits ziemlich zerbrechlich auf mich wirkte. Ehemals Polizist mit einer Vorliebe für Extremsportarten, hatte er jetzt eine sehr gebeugte Haltung und in den Off -Zeiten – wenn die Parkinson-Medikamente nicht wirkten – unkontrollierbare Schweißausbrüche und ein sehr unsicheres Gangbild, so dass er von Fremden manchmal für betrunken gehalten wurde. Sein Wesen war freundlich und kommunikativ, fast immer sah man ihn mit irgendwelchen Menschen in ein Gespräch vertieft.
Wir beide hatten zunächst nur kurze „zufällige“ Begegnungen in der Gemüseküche, wenn wir Kartoffeln oder Gemüse schälten für die obligatorische Mittagssuppe, die für alle Meditierenden kostenlos angeboten wurde. Richtig näher gekommen sind wir uns erst in den letzten 2 Wochen vor meiner Abreise, doch kann ich im Nachhinein sagen, dass ich ihn von Anfang an wahrgenommen habe und ihn – ohne ihn zunächst weiter zu kennen – sehr mochte und den Wunsch in mir verspürte, ihm Gutes zu tun. Eines Tages besuchte er mich in meiner Unterkunft und nahm mich spontan in den Arm. Von da an verbrachten wir viel Zeit miteinander. Unsere Kommunikation bestand vor allem aus Berührungen und praktischen Hilfeleistungen, denn die verbale Kommunikation fiel mir schwer, konnte ich doch seinen australischen Slang kaum verstehen.
Ich weiß noch, dass ich damals versuchte, unsere Art der Beziehung zu definieren ohne es zu können. War das jetzt der Beginn einer Liebes-Beziehung oder eine intensive Freundschaft oder eine vorübergehende Episode? Für Momente erschien mir der Gedanke an meine baldige Heimreise unerträglich. Ich hatte Phantasien, ihn in Australien zu pflegen, falls er mich danach fragen würde, ob ich dazu bereit sei. Das waren für mich komplett untypische Gedanken. Und ob ich es im Ernstfall wirklich gemacht hätte, bleibt dahingestellt. Aber ich spürte in mir ein großes inneres Wohlwollen. Als es dann definitiv um unseren Abschied ging, fühlte ich weniger Schmerz, als vor allem ein großes Dankbarkeitsgefühl.
Zwei Wochen nach meiner Heimreise suchte ich eine mediale Frau auf, um sie u. a. nach dieser Begegnung zu fragen. Sie teilte mir mit, dass unsere Seelen sich immer mal wieder in verschiedenen Inkarnationen begegnen, um in schwierigen Lebensphasen füreinander da zu sein, eine Art ewige Freundschaft. Und dass es danach aussehen würde, dass R. demnächst die Erde verlassen würde. Ich erinnere mich, dass die Nachricht seines baldigen Todes bei mir keine Traurigkeit auslöste. Es fühlte sich tatsächlich nebensächlich an.
Erst einige Jahre später entdeckte ich die Archetypenlehre und las die Seiten über die ewigen Beziehungen. Nach meinem Gefühl bin ich tatsächlich auf körperlicher Ebene meinem ewigen Freund begegnet. Und es stimmt: Trotz der schwierigen Umstände und meiner Märtyrer- Nebenangst war diese Begegnung alles in allem einfach gewesen. Als wenn ich im Hintergrund bereits auf ein unbewusstes Wissen zurückgreifen konnte, dass wir energetisch sowieso für immer in besonderer Weise verbunden waren.
Doris Harmening