Die Basis von Allem - Versuch einer einfachen Ontologie
Ich verwende die Begriffe Immanenz für die diesseitige Wirklichkeit und Transzendenz für die jenseitige Realität. Wenn man überhaupt etwas über die Seele verstehen will, ist die klare Trennung der Bereiche eine wesentliche Voraussetzung, denn erst dann kann man ihr Zusammenspiel anfangen zu verstehen. Seele ist bisher ein nebulöser Begriff. In der psychologischen Fachliteratur wird Seele, Geist und Psyche miteinander in einer Weise vermischt, dass es nicht mehr unterschieden wird. Das heißt, eine unserer zentralen Aufgaben ist es, soweit es uns möglich ist, eine klare Begrifflichkeit einzuführen für die Dinge, die wir erklären wollen. Und dazu dient ein traditioneller Begriff, der seit vielen Jahrhunderten international verwendet wird.
Nämlich dass man die diesseitige Welt, also die körperliche Welt, als Immanenz bezeichnet. Und die jenseitige Welt, die nicht körperlich ist, die seelische Welt, als Transzendenz. Natürlich gibt es verschiedene Begrifflichkeiten, zum Beispiel Diesseits und Jenseits. Ich persönlich mag den Begriff Jenseits deswegen nicht, weil sofort eine bestimmte Assoziation von Tod und Geistern und ähnlichen Dingen auftaucht, die wir nicht brauchen können in unserer Arbeit. Es geht nicht um Tod und Geister und angstvolle Phantasien darüber. Es geht um was ganz Nüchternes. Und dazu brauchen wir einen nüchternen Begriff.
Der Mensch ist gerade dadurch beschrieben, dass er einen körperlichen Teil und einen seelischen Teil hat. Diese Dualität bestimmt ja das Wesentliche des Menschen und er muss sich damit auseinandersetzen, dass er beides hat. Und für diese zentrale Unterscheidung braucht man eine Begrifflichkeit. Sonst schaffen wir eine ähnlich nebulöse Geschichte, wie sie bisher existiert hat. Das heißt, eine klare Begrifflichkeit ist wichtig, um sie abzusetzen von der Verschwommenheit des bisherigen Gebrauchs von Seele und allem, was damit zusammenhängt.
Wenn ich aber diese Trennung nicht will, sondern Transzendenz und Immanenz zusammen betrachten will, dann benutzt die Quelle den Begriff das All-Ganze. Das All-Ganze umfasst beides. Ich muss mich also entscheiden, wovon ich sprechen will. Und für das Sprechen brauche ich eine Klarheit. Der Geist erschafft das All-Ganze. Und er schafft eine körperliche Welt, die er immer wieder neu erschafft durch den Urknall. Und dann diese Ausdehnung wieder zusammenzieht. Und er schafft eine seelische Welt. Und diese beiden Welten spielen zusammen. Gerade das macht ja unser Menschsein aus.
Ich fange mit dem ganz Grundsätzlichen an. Es handelt sich bei diesen Durchsagen aus der Kausalen Welt um eine völlig neuartige Erklärung der Transzendenz und unserer Beziehung zu ihr. Und, um das zu erläutern, muss ich mich auf die bisherigen Transzendenz-Vorstellungen beziehen. Also es geht philosophisch gesehen um eine Ontologie und es geht um eine Grundsatzbeschreibung der Basis unserer Existenz. Die kausale Quelle drückt das so aus, sie sagen: Was ihr Gott nennt, nennen wir den Geist. Der Geist ist es, der alles erschafft. Von diesem Satz möchte ich einmal ausgehen. Die Idee, dass eine geistige Kraft hinter allem steckt, ist uralt. Man möge sich vielleicht einmal den Beginn der Heiligen Schrift der Juden, die wir das Alte Testament nennen, in Erinnerung rufen wo die Genesis der erste Teil ist: Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Dieser Text wurde zwischen dem 8. und 6. Jhd. vor unserer Zeitrechnung verfasst. Also da ist von einem Gott und seinem Geist die Rede. Und mir scheint, das ist eine Ausdrucksweise, die einmal die jüngere Seele befriedigt, indem von einem anthropomorphen Gott, d.h. einem Wesen mit menschenartiger Gestalt die Rede ist, zweitens aber auch schon tiefer versteht, dass das eigentliche Verständnis darüber hinaus geht und etwas Geistiges ist. Es werden also aus meiner Sicht Jungseelen- und Altseelen-Bedürfnisse in dieser Formulierung klug befriedigt.
Das Christentum hat Vieles von den Juden übernommen und für sich uminterpretiert und nach einigem geistigen Ringen die anthropomorphe also menschengestaltliche Vorstellung Gottes übernommen, und auf Gemälden in Kirchen kann man gelegentlich einen weisen alten Mann mit Bart sehen, der ganz oben im Bild über allem zu schweben scheint. Dazu kam dann sein Sohn und ein Sohn ist auch erst einmal etwas Körperliches, wenn dann auch vergeistigt in verschiedenen Formen. Das kommt daher, dass Jesus seine Transzendenzkontakte Abba, d.h. Vater, Pappa genannt hat, und daher musste er wohl der Sohn sein, sagte man sich. Und dann gab es noch ein drittes, göttliches Element, den hl. Geist, der also erhalten blieb, aber speziell bei Paulus etwas konkret Erlebbares war, worauf sich moderne christliche Bewegungen, z.B. die international erfolgreichen Evangelikalen berufen, wenn sie einen „Geistkontakt“ herzustellen versuchen. Wir würden eher von einem seelischen Kontakt sprechen.
So war das einigermaßen geklärt, als das Christentum im 4. Jahrhundert Staatsreligion wurde und blieb im Wesentlichen so bis die Aufklärer im 18. Jhd. kritische Fragen zu stellen anfingen, die im 19. Jhd. zur vollen Blüte gelangten und das Ende des Monotheismus in unseren Landen einläuteten. Der berühmte Deutsche Philosoph Hegel - vom alten Glauben enttäuscht - entwarf ein neues System, in dem Transzendenz erneut und endgültig als Geist beschrieben wurde. Vor allem ist auch wichtig, dass er das Prinzip Entwicklung dabei berücksichtigen wollte.
Also da sind wir in einer ganz langen Tradition, vom Geist zu reden. Nun ist das Problem aber Folgendes: Die Quelle sagt, wir verstehen den Geist besser als ihr, aber auch wir verstehen ihn nur sehr wenig und wir ahnen, dass da noch riesige Dimensionen sind, die wir nicht verstehen. Wenn also selbst eine kausale Quelle, die der Wahrheit so viel näher ist als wir und die deshalb so überaus hilfreich für uns sein kann, den Geist nicht wirklich versteht, sage ich ganz einfach, es ist sinnlos, dass ein Mensch versucht, den Geist zu verstehen, und das ist auch eine alte Wahrheit. Angemessene Selbstbegrenzung ist auch ein Teil von Weisheit.
Aber wir können uns wenigstens einige analoge Begriffe klarmachen. Also, einmal gibt es eine bestimmte Symbolik für den Geist. Und das hebräische Wort in der Genesis zu Anfang, das Geist beschreibt, heißt ruach. Und ruach bedeutet Wind. Und das ist ein häufiger Vergleich des Geistes mit dem Wind. Warum? Weil man den Wind selber nicht sehen kann, aber man kann seine Auswirkungen wahrnehmen. Kürzlich um Mitternacht war zum Beispiel ein plötzlicher Sturm. Wir hatten die Fenster offen und es war Juli, es war alles heiß tagsüber und wir wollten es kühl haben, da hat doch der Sturm tatsächlich die Küchentür so heftig zugeschlagen, dass die Fenstereinfassung der Tür in Splittern über den ganzen Flur verteilt war. Diese eindrucksvollen kaputten Glasstücke konnte ich sehen, aber den Wind konnte ich nicht sehen. Also ruach, der Wind, ist ein Symbol für das Geistige, das man zwar spüren, aber eigentlich gar nicht beschreiben und schon gar nicht sehen kann. Ein berühmtes Zitat aus dem neuen Testament, das sich mit dem Geist beschäftigt, benutzt genau diesen Vergleich: Der Wind weht, wo und wie er will, und du hörst sein Sausen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. (Johannes 3,8)
Des Weiteren ist wichtig, dass es verschiedene Ebenen von Geist gibt. Natürlich hat auch der Mensch einen Geist. Das ist ja eine der vier Dimensionen des Menschseins, die die Quelle beschreibt. Und dieser Geist des Menschen unterliegt dem Gesetz der Entwicklung, denn der Geist eines Menschen entwickelt sich vom Kind hin zum Erwachsenen. Und man kann auch den Geist einer Familie oder einer Firma oder eines Arbeitsplatzes in gewissem Umfang beschreiben. Ja, man kann sogar versuchen, den Geist des deutschen Volkes, wenn ihr so wollt, zu beschreiben. Und das ganz einfach, auch ohne Wissenschaft, man muss nur mal ein paar Ausländer fragen, was sie für typisch deutsch halten. Und ihr wisst selber, was dann für Bezeichnungen kommen, wie Disziplin und Pünktlichkeit und so weiter, was übrigens alles Preußische Ideale sind, die weiterleben, auch wenn es den Staat Preußen nicht mehr gibt. Wir sind also geistig geprägt von dieser Vergangenheit. Und deswegen halte ich es für wichtig, sich auch mit der Vergangenheit zu beschäftigen, um die Jetztzeit besser zu verstehen. Und deshalb habe ich mir hier Mühe gegeben, diese Tatsache ein wenig anschaulich zu machen, soweit es dieser vorgegebene Rahmen zulässt.
Also von dieser Aussage der Quelle ausgehend ist es der Geist, der alles erschaffen hat, und also hat dieser Geist, führe ich diesen Gedankengang weiter, die Welten der Seele erschaffen. Und was das ist, kann man in unserem ersten Buch nachlesen, das Welten der Seele heißt, das kann ich hier jetzt nicht im Einzelnen schildern. Aber die Welten der Seele sind eine Schöpfung des großen Geistes. Wichtig ist dabei immer, dass wir nachdrücklich nicht von einer geistigen Welt reden, wie es eine esoterische Tradition vorgibt. Die Welt des Geistes ist dem Menschen nicht wirklich zugänglich und nicht beschreibbar. Wir reden von den Welten der Seele. Die sind klar strukturiert und daher in einem begrenzten Umfang für uns Menschen beschreibbar. Die Quelle drückt das so aus: Seele hat keinen Geist und Geist hat keine Seele. Und diese Welten der Seele, als wir sie langsam besser verstanden haben, schienen uns erstaunlich präzise strukturiert. Das heißt, hier ist ein System des Seelischen, wie es das bisher noch nie gegeben hat. Seele war immer etwas Vages, Nebulöses, auch wenn Aristoteles als typischer Gelehrter in seiner Seelenrolle alles, was er fand, so gerne strukturiert hat, darunter auch die Seele, dabei aber aus unserer Sicht Immanenz und Transzendenz unter diesem Oberbegriff gewaltsam zusammengefügt hat, weil es dann so eindrucksvoll strukturiert aussieht und Jahrhunderte lang nicht wirklich in Frage gestellt wurde. Es ist aber zentral für das Verständnis, dass der Mensch ein Wesen ist, das zwischen hier und dort aufgehängt ist. Das darf nicht einfach zusammengeworfen werden, sonst entsteht keine Klarheit und gerade das spannungsvolle Zusammenspiel der beiden Dimensionen macht unsere menschliche Situation aus.
Die Grundprinzipien dieser Struktur des seelischen Teils der Transzendenz kann ich durch zwei Elemente beschreiben. Einmal gibt es sieben kosmische Grundenergien. Das Ganze hat sich in sieben Teile zerlegt, um sich dann miteinander neu in Beziehung zu setzen und dadurch eine Entwicklung zu ermöglichen.
Also, die sieben Grundenergien sind das eine und das zweite ist, und das möchte ich mit ganz großem Nachdruck sagen, das Prinzip Entwicklung, Entwicklung, Entwicklung. Die seelische Energie ist reine Entwicklungsenergie. Die Seele ist nicht an Gut und Böse, sondern einzig und allein an ihrer Entwicklung interessiert, wozu sie unsere Körperlichkeit benötigt. Und so steuert die Seele unsere seelische Entwicklung. Der menschliche Geist wäre davon bei Weitem überfordert.
Nun noch ein kurzer Blick auf die jüngere Geschichte. Es ist es ja so, dass die Zeit um 1800, die Zeit der Französischen Revolution, eine absolute Wendezeit ist. Goethe hat das verstanden, als er in einem Gefecht der Napoleonischen Kriege Zeuge war, wie die von der Revolution begeisterten Soldaten der Franzosen in den Kampf stürmten, ganz anders als die mit Gewalt zum Kriegsdienst gezwungenen Bauern auf der anderen Seite, und er hielt fest:
„Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen.“
Kurz danach wurde der Französische König abgesetzt und die Republik erklärt. Ich möchte hinzufügen, dass es in unserer Sehweise nicht um Weltgeschichte geht. Von der hier beschriebenen Entwicklung des Monotheismus ist erst einmal nur unser Kulturgebiet betroffen. Für andere Teile des Planeten gilt anderes, aber auch dies andere folgt den Prinzipien des kollektiven seelischen Entwicklungsalters, das ja alle Transzendenzvorstellungen bestimmt.
Hier noch ein Beispiel. Also, da gab es im Mittelalter einen Baustil in Europa, der heißt Romanik. Das ist den Römern abgeschaut, das sind Rundbögen und ganz dicke Wände. Und dann wechselt die Mode und es gibt die Gotik und sie verbreitet sich genauso über ganz Europa. Und dann kommt wieder etwas Neues mit der Renaissance, unter anderem ja auch ein Architekturstil, und dann kommt der Barock, auch wieder mit gesamteuropäisch verschiedenen Ausprägungen, und ganz zum Schluss das Rokoko. Und das Rokoko am Ende des 18. Jhd. ist der Abschluss von etwas, ein Höhepunkt. Man muss nur einmal schauen, die bayerischen Kirchen des 18. Jahrhunderts, wie die berühmte Wieskirche zum Beispiel, die zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Ein Ort der Freude. Alles hell und Gold und Engel und Pracht. Oder die Musik Mozarts. Ein Höhepunkt und Abschluss der Epoche, die auch Teile der Geschichtswissenschaft inzwischen genau wie wir nicht mehr als düsteres Mittelalter und Gottseidank beginnende Neuzeit, sondern vom 4. Jhd. bis zum 18. Jhd. die Epoche des Monotheismus nennt. Und diese Epoche hört nach ca. 1400 Jahren unumkehrbar auf und um diese Zeit und vieles ändert sich grundsätzlich.
Man fängt an „historisch“ zu denken und jetzt benutzt man alle diese Stile gleichzeitig. Also wenn wie z.B. eine neue Kirche geplant ist, diskutiert man, ob sie neu-romanisch oder neu-gotisch oder neu-barock sein soll, man verfügt sozusagen über die Vergangenheit. Und diese Kirchen sind technisch glatt und perfekt, aber die Freude ist für mich jedenfalls nicht mehr da. Aber die fortgeschrittene Technik feiert Triumphe. Der Eiffelturm wirkt zeitgemäß moderner auf mich als diese Kirchen, sosehr sie allerdings z.B. das Münchner Stadtbild bereichern und strukturieren.
Nun mag die Bevölkerung nicht mehr den Adel akzeptieren und kämpft um Freiheit und Gleichheit. Da wird die Düngung der Ackerflächen von dem Deutschen Chemiker und Agrarwissenschaftler Justus von Liebig – der mit dem Fleischextrakt - als Prinzip entdeckt und die Zahl der Menschen, die wegen des Nahrungsüberschusses und der verbesserten Hygiene und Medizin überleben, steigt extrem an. Die Industrielle Revolution und mit ihr eine neue Umweltbelastung setzt ein und Darwin entdeckt die Evolution, also die Entwicklung alles Biologischen. Das ist neu und in manchen Staaten der USA darf Darwin bis heute nicht in Schulbüchern erwähnt werden. Die Tatsache, dass auch die Seele einen evolutiven Charakter hat, wie die Quelle das nennt und dass ihrer Behauptung nach selbst Gott nicht weiß, was dabei letzten Endes herauskommt ist für jüngere Seelen einfach zu verunsichernd. All diese Neuerungen hat es in der Geschichte der Menschheit bis dahin nicht gegeben. Unendlich viel verändert sich mit dem 19. und 20. Jahrhundert, mehr als in vielen Jahrtausenden vorher. Und wir sind sozusagen das Ergebnis dieser Veränderung und ich möchte, dass wir uns darüber im Klaren sind, denn die Entwicklung hat in diesen Jahrhunderten unglaublich an Beschleunigung gewonnen.
Und dieser Beschleunigung kann man sich ja nicht entziehen, man kann ja nicht die Forschung sein lassen, um nicht zu sehr zu beschleunigen, weil die anderen einen dann ja überholen und dominieren. Man muss da mitmachen, es geht gar nicht anders.
Aber es ist auch so, und das ist die gegenwärtige Lage, dass es für manche zu viel ist, was da so schnell passiert, vor allem auch für die frühen Jungen Seelen und Kindseelen. Und dass die Angst bekommen, das ist in den USA sehr offensichtlich. Diese Spaltung im Land zwischen den Jüngeren, denen das zu viel ist und zu schnell geht und den Älteren, denen es gar nicht schnell genug gehen kann.
Auch bei uns in Deutschland ist das durchaus ausgeprägt, wenn wir mal an Frau Merkels Satz, das schaffen wir, denken, wo einfach vorgeschrieben wird, was man gefälligst zu schaffen hat, und die jüngeren Seelen, die eine nicht einmal ganz unbegründete Angst haben vor diesen Veränderungen, dieser Einwanderung, dieser technischen Entwicklung in den Berufen und vieles andere, dass die einfach weggedrängt werden.
Es fehlt da aus meiner Sicht an Liebe für das Verständnis dieser Menschen, die unsere Mitbürger sind. Stattdessen werden sie in die Ecke gedrängt. Und jeder weiß, wie das ist in Beziehungen ist, wenn einer Angst hat und der andere sagt: "Ist mir doch egal, halt den Mund und mach was ich sage." Es ist nicht sehr hilfreich für die Beziehung, ich glaube, das ist nachvollziehbar, und entsprechend treten Spannungen im Kollektiv auf.
Wir sind also in einer unglaublichen Beschleunigungsphase. Und ich habe als Kind, ich bin im vorletzten Kriegsjahr geboren, noch gesehen, wie Deutschland nach dem Krieg war. Es war unfassbar anders. Ich gebe mal ein kleines Beispiel: Ich bin in einer Kleinstadt in Franken aufgewachsen wo keine einzige Bombe gefallen war und wir hatten da einen mittelalterlichen Torturm und durch diesen Torturm führt die Straße, die die Hauptverbindung zwischen zwei Großstädten war, nämlich Nürnberg und Würzburg. Ich saß da mit einem Schulfreund, wir waren vielleicht so acht Jahre alt, mit einem Stift und einem Papier und wir schrieben die Autonummern auf, weil alle paar Minuten kam tatsächlich ein echtes Auto vorbei. Man stelle sich das mal vor: Alle paar Minuten haben wir stolz die Nummer aufgeschrieben: AB, amerikanische Zone Bayern, stand da vorne drauf. Die gleiche Strecke, die Verbindung zwischen Würzburg und Nürnberg, ist heute eine teilweise dreispurige Autobahn, die zudem auch noch häufig verstopft ist. Das ist für mich ein Symbol für die Veränderung. Und das ist nicht für jeden einfach. Wenn ich also sage, dass das Grundprinzip des Seelischen die Entwicklung ist, dann berühren sich hier ein solches transzendentes Grundprinzip und eine hochmoderne immanente Entwicklung in vielen Punkten. Und das kann noch sehr hilfreich sein für das gegenseitige Verständnis von Immanenz und Transzendenz.
Also es gibt die Struktur des Seelischen und die ist äußerst präzise. Ich kann die hier jetzt nicht erläutern, das kann ich vielleicht später noch mal machen. Es gibt bisher nichts Vergleichbares. Und jetzt bitte ich, Folgendes zu bedenken: Die Entwicklung der Seele strebt eine Steigerung an Liebe und an Erkenntnisfähigkeit an. Beides gehört zusammen.
Wenn ein älterer Mensch mal an sich beobachtet hat, welche Krisen er durchgestanden hat, und dass er durch diese Krisen hindurchgegangen ist und auch seine Liebesfähigkeit dadurch gestiegen ist, dann kann er auch beobachten, dass die Erkenntnisfähigkeit auch gestiegen ist, dass er die Welt nämlich ein wenig anders sieht. Das heißt, die Wahrnehmung der Welt hängt von unserem inneren Entwicklungszustand ab, oder, wie die Quelle das ausdrückt, wenn sie sagen, das ist ein Grundgesetz eurer Wirklichkeit: Ändere dich selbst und die Welt verändert sich von selbst. Ändere dich selbst und die Welt verändert sich von selbst. Und genau diese Gesetzmäßigkeit, wie die Quelle das nennt, bestimmt unseren Umgang miteinander, denn ältere Seelen sehen die Welt anders als jüngere. Und dieser Zwiespalt kann nur von der älteren Seele her überbrückt werden, weil sie die höhere Erkenntnisfähigkeit hat. Analog im Alltag: Der Großvater kann den Knaben verstehen aber nicht umgekehrt, das ist doch ganz einfach im Grunde.
Wenn also die seelische Welt so präzise strukturiert ist, dann möchte ich sagen, dass das eine revolutionäre Erkenntnis ist, die uns geschenkt wurde, und die für meine Begriffe vergleichbar ist mit der historischen Entwicklung in den Naturwissenschaften mit der Entdeckung des periodischen Systems der Elemente. Vielleicht ist das aus dem Physikunterricht noch in Erinnerung, eine große Tafel, auf der all die Elemente, aus denen unsere Wirklichkeit zusammengebaut ist, einen Ort haben und eine präzise Beschreibung des Kerns und der Elektronenhülle und so weiter, und dass es dann Ähnlichkeiten gibt. Alle Edelgase haben etwas gemeinsam und so fort und so weiter. Also eine Struktur, die man bis dahin nicht hatte und die die Voraussetzung für alle modernen Forschungen in der Chemie und Physik ist. Dieser Entwicklungszustand, scheint mir, ist jetzt auch auf dem Bereich des Seelischen erreicht, mit einer vergleichbar präzisen Struktur. Nur, dass die Entwicklung des Seelischen zeitlich hinterher ist, gut 150 Jahre.
Und das erläutert auch noch einmal die Diskrepanz, die die Quelle in Bezug auf unsere Gesellschaft ausgedrückt hat. Nämlich, dass die Entwicklung der Erkenntnis, also die eine Seite dieses Duals, dass also die Entwicklung der Erkenntnis enorm vorangeschritten ist und die Entwicklung der Liebesfähigkeit sich nicht in gleichem Maße entwickelt hat. Es entstand eine Diskrepanz in unserer Gesellschaft, nach dieser Sehweise, zwischen einem hoch entwickelten Erkenntnisstand und einem weniger hoch entwickelten Stand der Liebesfähigkeit. Und die Quelle betrachtet es als eine ihrer Aufgaben, dieses Missverhältnis zu mildern, soweit das im Moment möglich ist.
Ja wissenschaftlich beweisen kann man das heute noch nicht. Und manche naturwissenschaftlich geprägten späten Jungen Seelen auf dem Höhepunkt ihrer machtvoll weltlichen Entwicklung sagen dann auch mal: Wenn man das nicht beweisen kann, gibt es das auch nicht. Aber genau das ist keine wissenschaftliche Aussage. Denn was ist denn Wissenschaft ganz praktisch: Forschung. Und Forschung setzt eine Haltung voraus, dass es Dinge gibt, die man noch nicht weiß.
Sonst wäre Forschung doch überflüssig. Also ist es eine wissenschaftliche Einstellung zu sagen: Wenn du nicht wissenschaftlich beweisen kannst, dass es Transzendenz nicht gibt, ist die Überzeugung, dass Transzendenz nicht existiert auch nur ein Glaube.
Ich erinnere mich, als ich ein Jahr durch die USA reiste, traf ich einen Physiker, der sich darüber empörte, dass ich von Energieformen speziell der menschlichen Erfahrung sprach, weil das nicht eine wissenschaftliche Beschreibung von Energie sei. Da habe ich dann später die Quelle gefragt und die Antwort war sehr einfach: Eure Wissenschaft ist nicht weit genug entwickelt, um diese feinen Energien zu messen. Also statt Unsummen in die Erforschung der verschiedenen Schwingungen des Weltalls und in den unerforschlichen Urknall zu stecken, wäre es schön, sich einmal auch dem viel näheren Problem der menschlichen Energie mit einem gewissen Teil dieses Geldes zuzuwenden.
Wenn mich der Neurologe nämlich untersucht, schickt er Strom durch meine armen Nerven, was ziemlich unangenehm und eigentlich auch vorsintflutlich ist angesichts des Fortschritts anderer medizinischer Entwicklungen. Diese Methode hat doch im Prinzip schon Galvani Ende des 18. Jhd. mit toten Fröschen vorgeführt.
Ein weiterer hochmoderner Gesichtspunkt dieser Welten der Seele ist die Tatsache, dass es sich um ein sich selbstregulierendes System handelt. Diese Art Systeme, deren Verständnis aus biologischen Beobachtungen heraus entwickelt wurde, werden seit Ende des 2. Weltkrieges immer intensiver erforscht und beschäftigen uns heute praktisch täglich, wenn wir an die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz und ihrer Algorithmen denken.
Zurück zu unseren Grundfragen. Alles Lebendige ist beseelt. Aber es gibt verschiedene Arten von Seelen. Tiere haben zum Beispiel Kollektivseelen, Menschen dagegen Individualseelen. Alle Seelen haben aber ein gemeinsames Ziel: Entwicklung zu mehr Liebe und Erkenntnisfähigkeit.
Aber die Quelle sagt: Ihr werdet kaum nachvollziehen können, welche Entwicklung z.B. eine Schlange in Hinblick auf Liebe und Erkenntnis erlebt. Stimmt wohl, obwohl es „Schlangenflüsterer“ geben mag, die davon mehr verstehen als andere. Es ist für mich atemberaubend zu ahnen, dass alles Lebendige in unglaublich großer Vielfalt dasselbe Ziel hat und dass unsere Vorstellung von Liebe und Erkenntnis nur eine von vielen sein kann.
Für heute möchte ich jetzt einmal innehalten. Beobachtet doch ganz entspannt und ohne Bewertung und ohne Anstrengung wie Ihr täglich an Liebe und Erkenntnis wachst. Ihr könnt es nämlich gar nicht verhindern.